Eine Predigt mit Pfarrerin in Ruhestand Inge Rethemeier.
Online-Predigt zum vierten Sonntag nach Epiphanias – 31. Januar 2021
Lieder zum Anhören, Genießen und Mitsingen:
Evangelisches Gesangbuch 67: Herr Christ, der einig Gottes Sohn
Evangelisches Gesangbuch 450: Morgenglanz der Ewigkeit
Predigt in Schriftform zum Nachlesen:
Gnade sei mit Euch und Friede
Von Gott, unserem Vater,
und unserem Herrn und Heiland Jesus Christus.
Amen.
Der heutige Sonntag, liebe Gemeinde, der letzte nach dem Epiphaniasfest, wird auch „Bibelsonntag“ genannt. Er erinnert uns daran: Die Bibel ist die Quelle und der feste Grund unseres Glaubens – oder: Ohne Bibel kein Christsein. Was bedeutet uns also unsere Bibel? Wird darin regelmäßig gelesen, oder steht sie nur irgendwo im Schrank? Finden wir darin Worte des Lebens, für Freud und Leid, oder nur ein paar schöne Geschichten aus alter Zeit? Ist das alles wahr und verlässlich, oder eben nur schön erfunden?
Diese Fragen sind aktuell, aber so alt wie die Bibel, das Evangelium, selbst. Schon Petrus setzt sich damit auseinander im 1. Kapitel seines 2.Briefes, unserem heutigen Predigttext:
Wir sind nicht ausgeklügelten Fabeln gefolgt, als wir euch kundgetan haben die Kraft und das Kommen unseres Herrn Jesus Christus; sondern wir haben seine Herrlichkeit mit eigenen Augen gesehen. Denn er empfingt von Gott, dem Vater, Ehre und Preis durch eine Stimme, die zu ihm kam von der großen Herrlichkeit: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe. Und diese Stimme haben wir gehört vom Himmel kommen, als wir mit ihm waren auf dem heiligen Berge. Umso fester haben wir das prophetische Wort, und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet als auf ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht in euren Herzen. Und das sollt ihr vor allem wissen, dass keine Weissagung in der Schrift aus eigener Auslegung geschieht. Denn es ist noch nie eine Weissagung aus menschlichem Willen hervorgebracht worden, sondern getrieben vom Heiligen Geist haben Menschen in Gottes Auftrag geredet.
(2.Petrus 1,16-21)
Folgen wir nur ausgeklügelten Fabeln, wenn wir in der Bibel lesen und von Jesus erzählen? Ein Vorwurf, der uns nicht nur von außen trifft, sondern manchmal sogar in unserem eigenen Herzen sich regt.
Wenn es wenigstens „kluge“ Fabeln hieße, denn Fabeln sind zwar erfundene Geschichten, bringen uns aber doch eine gute und nützliche Lebensweisheit. Aber nun sollen sie „ausgeklügelt“ sein. Das klingt doch sehr nach Hintersinn und Verführung – nicht leicht zu durchschauen und deshalb gefährlich.
Wenn das wahr wäre, dann wäre Weihnachten nur eine schöne Erzählung fürs Gemüt unterm Tannenbaum. Dann wären die Berichte von der Passion Jesu und seines Kreuzestodes nur Bilder für die dunklen Stunden des Lebens. Dann wäre Ostern nur ein Gleichnis fürs Frühlingserwachen und die Auferstehung der Natur. Dann wären die Berichte von den Zeichen und Wundern Jesu nur Märchen und seine Worte nur Weisheiten unter vielen anderen in dieser Welt. Dann wäre die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod in Gottes Reich nur eine billige Vertröstung. Kurz und gut: Alles nur ausgeklügelte Fabeln, aber ansonsten -wie schon Karl Marx sagte – nichts weiter als „Opium fürs Volk“.
Was setzt Petrus dagegen? Hat er doch keine Beweise für seine Botschaft und Verkündigung des Evangeliums. Aber er kann es bezeugen, und das ist mehr und besser.
In Jesus Christus ist Gott, den in seiner Größe und Herrlichkeit niemand sehen oder gar erfassen kann, in diese Welt gekommen. Er hat sich klein gemacht und herabgebeugt um unseretwillen. All unsere klugen Gedanken über Gott, unser Bemühen, uns ihm zu nähern in seiner Größe – alles hinfällig. In einem Kind im Stall gibt er sich uns in die Hände. Er teilt unser Leben mit allen Freuden und Lasten. Er redet und handelt so mit uns, dass wir dem großen Gott ins Herz sehen können. Er leidet mit uns alle Schmerzen, trägt unsere Sünden und stirbt unseren Tod. Er öffnet die Tür zum Vater, damit uns nichts von alledem mehr von ihm trennen kann. An seiner Hand können wir durchs Leben gehen, nach seinem Rat handeln und so Frieden finden – mit Gott, mit den anderen und auch mit uns selbst.
Und so bezeugt es Petrus: Das alles haben wir uns nicht ausgedacht, um die Menschen einzulullen oder zu verführen, nein, was wir verkündigen, können wir auch bezeugen. „Dein ist die Kraft und die Herrlichkeit“ – das beten wir jeden Tag, weil wir es gesehen und miterlebt haben und unser Leben nun einen verlässlichen Halt und ein festes Ziel hat.
Da kam Jesus zu Johannes dem Täufer an den Jordan. Viele ließen sich taufen, um sich reinigen zu lassen von ihren Sünden. Und Jesus stellte sich in ihre Reihe, ganz an ihre Seite, um ihre Sünde und Unvollkommenheit, ihre Sorgen und Ängste, ihre Leiden und Fragen mit ihnen und für sie zu tragen. Und dazu sagte Gott „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“ In Jesus, in seinem Reden und Tun, bin ich selbst mitten unter euch.
Und ein zweites Mal haben wir es so erfahren. Ich und zwei andere Jünger waren mit Jesus auf einen Berg gestiegen. Da sahen wir Jesus in Gottes Licht und neben ihm Mose und Elia. Mose gab uns die Gebote, die guten Weisungen Gottes zum Leben. Elia war der erste Prophet, dem noch viele folgen sollten. Und alle haben sie geweissagt von einem der kommen sollte im Namen und in der Kraft des Herrn, um unsere Herzen zu erfüllen und unser Tun zu heilen. Und wieder dieses Wort: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“
Was wir also verkündigen, ist nicht aus der Luft gegriffen und eine kluge, geschweige denn ausgeklügelte Fabel. Sondern wir haben verstanden: Hier erfüllt sich, was Gott durch Mose und die Propheten schon lange vorbereitet hat. Jesus ist es, auf den wir so lange gewartet und gehofft haben. Gottes Kraft und Herrlichkeit geschieht darin, dass Jesus zu uns kommt, nicht um uns zu richten und zu zerstören, sondern um uns zu retten, zu heilen und zu erlösen.
Darum ist es gut und heilsam, ja wahrhaft lebenswichtig, auf Gottes Wort zu achten, darüber nachzudenken, es aufzunehmen und danach zu leben. So und nur so kann man erfahren, dass es hält und trägt.
Es ist wie ein Licht im Dunkel. Ja, es ist noch vieles finster in unserer Zeit und Welt. Aber da ist schon ein Licht – kein Scheinwerfer oder Kronleuchter, aber wie eine Kerze, die schon leuchtet und wärmt, und die kein Dunkel überwinden kann. Es ist ein Zeichen, ein Versprechen. Wenn der Tag anbricht, dann sehen wir auch den Morgenstern, Jesus, das Licht der Welt.
Einmal wird dies für alle Welt gelten, jetzt aber darf dieser Morgenstern schon aufgehen in unseren Herzen. Und wie geschieht das? Eben durch das Wort der Schrift. Denn darin stehen nicht menschliche Weisheiten, sondern Weissagungen, Verheißungen – die Geschichte Gottes mit uns Menschen und unser Leben als Antwort, das Versprechen seiner bleibenden Treue und die Zuversicht, dass uns nichts aus seiner Hand reißen kann und er uns und seine Welt doch zu einem guten Ziel führen wird.
Sein Heiliger Geist will uns das alles lehren und uns darin gewiss machen – eben durch sein Wort in der Schrift, die wohl von Menschen geschrieben ist, und doch von seinem Geist und seiner Wahrheit erfüllt. Sie bezeugt uns Erfahrungen, die Menschen mit Gott gemacht haben, und die will der Herr durch seinen Heiligen Geist auch in unser Herz und Leben schreiben.
Ja, die Bibel ist schon ein spannendes Buch, mit dem man nie zu Ende ist. Wie sagte schon Martin Luther: „Die Heilige Schrift ist wie ein Kräutlein: je mehr man daran reibt, desto mehr duftet es.“ Und es macht uns froh und getrost – mehr als alle Fabeln es je könnten.
Amen.
Und der Friede Gottes,
der höher ist als all unsere Vernunft,
der bewahre Eure Herzen und Sinne
in Christus Jesus, unserem Herrn, zum ewigen Leben.
Amen.
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