Eine Andacht von Jutta Georg.
Bilder: Jutta Georg
Gott hat zwei Adressen
Ich, der Hohe und Erhabene, der ewige und heilige Gott, wohne in der Höhe, im Heiligtum
Jesaja 57,15
Hier wird das Bild eines herrlichen Thronsaals, eines Königspalasts gezeigt. Ein beeindruckender Tempel oder eine kunstvolle Kirche mit mächtigen Säulen. Er steht weit über mir in der Höhe, im Himmel, wo er unerreichbar für mich ist. Jetzt könnten wir einpacken und gehen, weil Gott nichts für uns kleine Leute ist. Wir kennen zwar seine Adresse, aber wir können nicht zu ihm gelangen.
Gut, dass Gott noch eine zweite Adresse hat:
Doch ich wohne auch bei denen, die traurig und bedrückt sind. Ich gebe ihnen neuen Mut und erfülle sie wieder mit Hoffnung.
Mitten in unserem Elend ist Gott da. Er kommt zu den hungernden Kindern im Jemen und zu den Drogensüchtigen am Bahnhof, zu Aidswaisen in Afrika und zu den Scheidungswaisen in Europa, zu dem insolventen Selbstständigen und dem Hartz IV Empfänger, zu dem kranken Kind im Hospiz und zu den Sterbenden im Pflegeheim. Mitten in unser Leid kommt Gott. Aber nicht als Besucher, der mich mit einem Almosen abspeist, oder wie ein Präsident, der eben mal mit dem Hubschrauber einfliegt, um sich die Katastrophe anzusehen und wieder entschwindet. Gott lässt sich nieder bei uns. Er wohnt mitten im Kummer und in der Depression, in der Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung. Er bleibt nicht außen vor. Er ist mitten drin und zwar bleibend.
Aber Gott dringt nicht einfach ein, er fällt nicht mit der Tür ins Haus. Er wartet darauf, dass wir in einladen: „Komm in meine Not, meine Trauer und Dunkelheit.“
„Wo wohnt Gott?“
Mit dieser Frage überraschte ein Rabbi einige gelehrte Männer, die bei ihm zu Gast waren.
Sie lachten über ihn: „Was redet Ihr? Ist doch die Welt seiner Herrlichkeit voll!“
Er aber beantwortete die eigene Frage: „Gott wohnt, wo man ihn einlässt.“
- Martin Buber
Jutta Georg